Das Bombentestproblem



Bild 1 



Man denke sich eine Bombe, deren Auslöser so empfindlich ist, daß sie schon bei der leichtesten Berührung explodiert. Selbst ein einzelnes Photon des sichtbaren Lichts soll ausreichen, um sie zu zünden. In manchen Fällen allerdings kann der Auslöser klemmen - dann explodiert die Bombe nicht. Wir nehmen an, der Auslöser bestünde aus einem auf der Bombenspitze angebrachten Spiegel, und der Rückstoß eines daran reflektierten Photons sichtbaren Lichts reiche aus, um einen Kolben in der Bombe zu bewegen und sie zu zünden - solange die Bombe kein Blindgänger ist, weil ihr Auslöser klemmt. Wir setzen voraus, daß es bei der fertig zusammengebauten Bombe keine Möglichkeit mehr gibt, mit Methoden und Geräten auf der Basis der klassischen Physik herauszufinden, ob der Auslöser klemmt, ohne zugleich irgendwie an der Bombe zu wackeln - und sie damit zur Explosion zu bringen. (Der Auslöser soll sich nach Voraussetzung höchstens beim Zusammenbau der Bombe verklemmen können.)

Weiter denken wir uns sehr viele solche Bomben (Geld spielt keine Rolle!), unter denen möglicherweise sehr viele Blindgänger sind. Das Problem besteht darin, eine Bombe zu finden, die mit Sicherheit kein Blindgänger ist. 1


Vor der Lösung erst etwas Quantenphysik:

Die Photonen der Photonenquelle in Bild 2 treffen auf den ersten Strahlteiler (ein halbdurchlässiger Spiegel). Dann gibt es für jedes Photon die Wahrscheinlichkeit 1/2 für den Weg über C-E und die gleiche Wahrscheinlichkeit für den Weg B-D zum zweiten Strahlteiler. Da die beiden Teilwellen interferieren, kann man den zweiten halbdurchlässigen Spiegel so einstellen, daß sich die beiden Teilwellen für den Detektor F konstruktiv und für den Detektor G destruktiv überlagern. G empfängt also nichts, egal welchen Weg ein Photon auch nimmt.

Wenn eine Welle bei D auf ein Hindernis trifft (Bild 3), kann der Detektor bei G die Ankunft eines Photons registrieren, wenn es nicht vom Hindernis absorbiert wurde. Die Interferenz ist zerstört.



Ein ähnlicher Effekt wie bei Bild 3 läßt sich erreichen, wenn der untere rechte Spiegel beim "`Aufprall"' eines Photons etwas "`wackelt"' und ein Detektor aufgrund dieses Wackelns verzeichnet, ob das Photon wirklich vom Spiegel reflektiert wurde. Wieder ist die Interferenz gestört, und der Detektor bei G kann das Photon entdecken.


Die Lösung:

Wir ersetzen den rechten unteren Spiegel in Bild 4 durch eine Bombe. Wenn die Bombe ein Blindgänger ist, dann...

Wenn nun die Bombe kein Blindgänger ist, reagiert der Spiegel auf das Photon; die Bombe würde explodieren, wenn das Photon auf ihren Spiegel fällt. Die Bombe ist also ein Meßgerät wie in Bild 4 und stört damit die Interferenz. Es ist also möglich, daß beide Detektoren F und G ein Photon empfangen.

Wenn die Bombe explodiert, hat sie das Photon registriert, und was danach kommt, spielt keine Rolle.

Wir nehmen nun an, daß wir ein Photon durch die Apparatur schicken und eine Bombe dabei nicht explodiert.

Wenn man dann das Photon mit F registriert, dann...

Wenn man das Photon mit G registriert, dann...


Quelle: Roger Penrose, Schatten des Geistes, Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg, Berlin Oxford 1995, Seite 299

Footnotes:

1 Dieses Problem (und seine Lösung) wurde 1983 von Avshalom Elitzur und Lev Vaidman von der Universität in Jerusalem vorgestellt.